So langsam beginnt wieder die Zeit für Facharbeiten. Bei uns haben schon viele Schüler:innen einen Lehrer und teils auch schon Thema für ihre Facharbeit gefunden. Bei mir sind es ganze acht Facharbeiten geworden, verteilt auf die Fächer Mathematik und Biologie. Die Themen haben wir bereits geklärt und nun geht es langsam aber sicher an die Umsetzung. Hierbei wurde ich von einigen Schülern gefragt, ob sie ihre Arbeit auch texen können, also in Latex schreiben können (gesprochen techen/Latech). Da getexte Arbeiten häufig optisch sehr ansprechend aussehen, möchte ich euch heute die Vor- und Nachteile dazu aufzeigen und die Basics erklären. Am Ende könnt ihr zudem ein kostenloses Starterpaket, bestehend aus Kurzanleitung und Beispieldateien herunterladen.
Was ist Latex überhaupt?
Wenn es darum geht, lange Texte, wie Briefe, Lebensläufe, Abschlussarbeiten und co. zu schreiben und das ganze entsprechend zu formatieren, ist der Klassiker das gute alte Microsoft Word. Alle vergleichbaren Programme werden gerne auch als WYSIWYG-Editoren bezeichnet („What you see, is what you get“ zu deutsch „Was du siehst, ist was du bekommst“). Vereinfacht bedeutet dies, wenn du etwas bearbeitest, siehst du direkt das Ergebnis.
Latex hingegen ist da etwas anders. Hier findet eine strikte Trennung zwischen Inhalt und Formatierung statt. Der Inhalt selbst wird ganz normal runtergeschrieben. Soll ein Teil besonders formatiert werden oder z.B. ein Bild eingefügt werden, so gibt es hierfür bestimmte Befehle, die in den Text eingefügt werden. Man könnte sagen, der Text wird „programmiert“. Bevor jetzt Panik ausbricht, nein, du musst kein Informatik studiert haben.
Vorteile: Das Auge isst mit
Dadurch dass Inhalt und Formatierung getrennt voneinander behandelt werden, sehen gleiche Teile immer gleich aus. Hat man beispielsweise in Word einen langen Text, bestehend aus vielen Kapiteln, Absätzen und Bilder und möchte nun für den Text die Schriftart ändern, stößt man auf eine Herausforderung. Jeder Absatz auf jeder Seite muss händisch angepasst werden. Hier sind Fehler schon vorprogrammiert. Das Ergebnis ist dann Absätze, in den Schriftgrößen 11 und 10,5, Farben in schwarz und dunkelgrau oder Zeilenabstand 1 oder 1,1. Dabei wollte man nur kurz die Schriftart ändern.
Bei Latex gibt es eine zentrale Stelle die festlegt, wie ein Text oder eine Überschrift aussehen soll. Im Text wird lediglich gesagt, dass das nun ein Text bzw. eine Überschrift ist und es sieht immer gleich aus. Ändert man es an einer Stelle, so ist es direkt überall gleich.
Wissenschaftliche Arbeiten brauchen immer ein Quellenverzeichnis. In Latex gibt es hierfür fertige Befehle und am Ende kommt ein sauber formatiertes Quellenverzeichnis raus.
In Latex ist es möglich, Abschnitte als eigene Dateien zu bearbeiten. Eine Masterabeit im Studium besteht locker aus 80 Seiten, aufgeteilt auf 10 Kapiteln. Das Arbeiten hierin ist bei dem ganzen hoch- und runterscrollen ein Workout für den Zeigefinger. In Latex wäre es einfach, für jedes Kapitel eine Datei zu erstellen und alle in ein Hauptdokument zu laden.
Und zu guter Letzt: Latex sieht immer besser aus. Jeder hat sicherlich schonmal die Diskussion über Mineralwasser mitbekommen. Der eine schwört auf das Markenwasser mit Stern, bei dem anderen reicht das billige vom Discounter. Beides ist Wasser und damit geruch- und geschmacklos. Bei Texten ist es ähnlich. Im Prinzip ist alles immer nur Text, aber dennoch ist es einfach zu erkennen, ob es in Word oder Latex geschrieben wurde. Gib mir zwei Dokumente und ich kann dir sagen, womit es geschrieben wurde. Ich kann dir aber nicht erklären, woran ich es erkenne.
Hier einmal der Vergleich: erst Word und dann Latex
Nachteile: Ohne Fleiß kein Preis
So ziemlich jeder hat in seinem Leben schonmal mit Word gearbeitet und kann zumindest die Basics. Latex hingegen ist am Anfang definitiv etwas neues und gewöhnungsbedürftig. Statt wie gewohnt, geht es nicht mehr einfach einen Text zu markieren und dann auf Knopf für fett zu drücken. Es gibt nun Befehle, die man sich merken oder zumindest griffbereit haben muss. Latex ist unfassbar mächtig, aber umso anspruchsvoller die Anforderungen werden, desto komplexer werden die Befehle auch.
Hat man ein langes Projekt vor sich, wie z.B. eine Facharbeit, so kann es unter Umständen nervig sein, alles in Latex zu schreiben und die Kommandos direkt einzufügen. Daher habe ich zum Beispiel meine Abschlussarbeiten ganz einfach in Word vorgeschrieben und ganz rudimentär formatiert. Als der Inhalt fertig war, habe ich alles in Latex überführt und hübsch gemacht. Schließlich ist ja auch das Ziel, Inhalt und Formatierung zu trennen.
Etwas in Word zu schreiben geht halt auch einfach deutlich schneller. Die Oberfläche ist meist selbsterklärend und die wichtigsten Befehle beherrschen die meisten auswendig. Latex hingegen ist eher auf ein längeres Projekt angewiesen. Das Aufsetzen eines neuen Projektes nimmt schon ein bisschen Zeit in Anspruch. Wer nun kein absoluter Latex-Experte ist, kommt mit Word einfach viel schneller zum Ergebnis. Daher empfehle ich Latex auch eher bei größeren und vor allem wichtigen Projekten.
Die Basics meistern
Zunächst einmal benötigt man die entsprechende Software. Hierzu gleich das schöne: Latex ist kostenlos und frei zugänglich. Daher gibt es auch nicht das eine Programm, sondern viele verschiedene Editoren, sodass für jeden etwas dabei ist. Wer es einfach mal austesten möchte, dem kann ich Overleaf empfehlen. Dies ist ein kostenloser Editor, der einfach im Browser funktioniert. Das Projekt ist zudem online gespeichert, sodass man auch mit mehreren Personen parallel dran arbeiten kann. Hier gibt es auch schon fertige Vorlagen.
Am Anfang eines jeden Latex-Projektes steht die Präambel. Dies beschreibt die Grundeinstellung des Projektes und enthält z.B. in welcher Sprache geschrieben wird, welche Randabstände das Blatt hat oder wie der Text aussehen soll. Zudem können verschiedene Pakete eingefügt werden, die zusätzliche Funktionen freischalten (z.B. um mathematische Formeln zu formatieren).
Wird ein neues Kapitel gestartet, so gibt es hierfür den Befehl \section{Meine Kapitelüberschrift} . Möchte man nun ein Unterkapitel beginnen nutzt man \subsection{Meine Unterkapitelüberschrift} .
Möchte man eine Aufzählung einfügen, lautet der Befehl
\begin{compactitem}
\item das erste Element
\item das zweite Element
\end{compactitem}
Wie du siehst, wird jeder Befehl mit ein \ eingeleitet. Zusätzliche Optionen werden in den geschweiften Klammern ergänzt.
Bonus – kostenloses Latex-Starterpaket
Du möchtest ein Grundgerüst haben, wie du starten kannst oder mehr über den Einstieg lernen, dann kannst du hier ein Starterpaket herunterladen. Das Paket beinhaltet eine Anleitung zu den wichtigsten Befehlen und das Projekt, welches ich für meine Bachelorarbeit genutzt habe.
Hast du nun Schüler:innen, die ihre Facharbeit mit Latex schreiben möchten, kannst du ihnen gerne Material zur Verfügung stellen. Die Schüler:innen, die bei mir ihre Facharbeit mit Latex schreiben wollen, sind am Ende jedoch selbst dafür verantwortlich. Ich möchte gerne helfen, habe aber auch klar gemacht, dass ich in Word deutlich fitter bin und entsprechend nicht jede Frage beantworten kann. Sollten sie am Ende wirklich nicht damit klar kommen, so haben sie ja immer noch Word als Notfalllösung, nur möchte ich es ihnen auf jeden Fall ermöglichen, sodass sie spätestens im Studium damit umgehen können.